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02.24

Colani ist wieder da…

…zumindest noch ein paar Tage und auch nur in Waiblingen.

Die Älteren in der Designbranche werden beim Stichwort „Colani“ wohl tendenziell mit den Augen rollen. Luigi Colani, für die einen der geniale Designer schlechthin, für die anderen mindestens ein „Windbeutel“, hat die Szene von den 1970er- bis in die 1990er-Jahre aufgemischt. Er polarisierte, lieferte zugleich auch diskussionswürdige Impulse. Irgendwann dann hat er sich als „Enfant terrible“ wohl überinszeniert, was ihm zwar nicht den Kopf, aber Aufträge kostete. Legendär bleibt nicht nur der Bart, sondern auch der weiße, stets zur Schlabbrigkeit neigende Rollkragenpullover, Markenzeichen seiner selbst.

Das alles ist aber nicht das Thema der Ausstellung in der Waiblinger Galerie Stihl, denn hier geht es nur um das Werk – sagt die Kuratorin im Interview unten. Die Retrospektive läuft noch bis zum 11. Februar, also hurtig nach Waiblingen! 

„Im Bereich der Designforschung herrscht zu Colani eine große Lücke.“

Mirjam Kreber, Kuratorin

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Und noch etwas in eigener Sache: Martin ist zeitbedingt ausgestiegen, er widmet sich wieder in erster Linie seiner freien journalistischen Arbeit in den Bereichen Licht, Design, Bauen. Daher „ich“ statt „wir“.

Viel Spaß, frohes Lesen und empfehle prompd doch weiter!

Armin

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Colani in Waiblingen

Noch bis 11. Februar zeigt die Galerie Stihl in Waiblingen die wohl erste Colani-Retrospektive. Ein Gespräch mit der Kuratorin Mirjam Kreber. 

Man kann Luigi Colani sicherlich als eine der schillerndsten Persönlichkeiten des Designs bezeichnen. Er entwickelte einen eigenen formalen Stil, der sich knallhart von den Prämissen des deutschen Designs à la Ulm verabschiedete. „Biodesign“ nannte er, der in Paris unter anderem Aerodynamik und Ultraleichtbau studierte, seine Entwurfsrichtung. Mit kernigen, teils zweifelhaften Zitaten erregte er öffentliche Aufmerksamkeit und so manche Kollegen der Gestaltungsbranche dazu. 2019 starb der gebürtige Berliner.Jetzt widmet ihm die Galerie Stihl in Waiblingen eine Retrospektive mit zahlreichen Original-Exponaten aus der Sammlung von Gerd Siekmann. Darunter auch der GT-Sportwagen aus den 1960er-Jahren. Aber warum jetzt? Warum Waiblingen? Warum Colani? Fragen an die Kuratorin Mirjam Kreber.

Liebe Frau Kreber, wie hat Luigi Colani denn seinen Weg in die Galerie Stihl gefunden?

Wir sind auf Arbeiten auf und aus Papier spezialisiert, dazu zählt auch die angewandte Zeichnung, also eine Skizze oder ein Entwurf innerhalb des Entstehungsprozesses eines Objektes. Hier zeigt sich gerade Colanis zeichnerisches Potenzial, er hat eine Vielzahl von Entwürfen mit unglaublicher Präzision und Schnelle gezeichnet. Seine Kreidezeichnungen belegen dieses Talent und wurden bisher noch nicht museal gewürdigt, deshalb war es naheliegend, uns diesem Aspekt Colanis zu widmen.

Die Skizzen stehen im Dialog mit den entstandenen Objekten, dazu kommen Tuschezeichnungen und Fotografien, die Colani teils selbst inszenierte, sowie Zeitzeugnisse. All das beleuchtet Colanis Design aus verschiedenen Perspektiven. Und auf Aspekte wie Klimawandel, Ressourcenschonung und steigender Urbanisierung hat Colani schon vor über 50 Jahren mit Elektro-Auto, individualisierten Schienenfahrzeugen oder dem 1,7-Liter-Auto Antworten geliefert. All dies geriet angesichts der ganzen Aufregung um die Person Colanis in den Hintergrund.

Genau, Colani war ja alles andere als unumstritten, gerade in der Designbranche. Wie gehen Sie damit um?

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht Colanis Design. Sein rebellisches Image setzte Colani bewusst für seine Selbstvermarktung ein und unterstrich damit seinen Bruch mit der deutschen Designtradition. Deshalb auch der Ausstellungs-Untertitel „Popstar des Designs“.

Formen und Farben, wie auch des verwendete Material Kunststoff brachen mit dem biederen Design der 1960er Jahre, das in Deutschland vor allem von „Eiche rustikal“ bestimmt war. Diese Designelemente unterstrichen sein Popstar-Image. Zusätzlich pflegte er seinen Ruf mit provokanten Aussagen und Kritiken. Das brachte ihm enorme Aufmerksamkeit ein und unterstütze zu Beginn seinen Erfolg. Später hat er sich jedoch bei vielen Unternehmen die Türen versperrt. Wir präsentieren in der Ausstellung dazu Zeitschriften aus den 1970er-Jahren, in denen Colani die Modelle der Automobilbranche kritisiert und seine Gegenentwürfe präsentiert. Gerade im Automobilbereich führte diese Kritik dazu, dass für Colani in Deutschland keine Zusammenarbeit mit der etablierten Branche mehr möglich war und bis in die Gegenwart die Anerkennung ausbleibt. 

Da ist er, der Rollkragen… Luigi Colani 1977 vor Schloss Harkotten | Foto: Colani Design GmbH

War Colani also der Antipode zu Dieter Rams?

Interessanterweise wird dieser Vergleich gerne gezogen. Dabei wird die Hochschule für Gestaltung Ulm, der Rams nahesteht, ebenso wie das Bauhaus als Gegenpole zu Colani angesehen. Auch Colani hat sich selbst immer wieder in Aussagen von der Ulmer Hochschule distanziert, genauso von den „Alles-Eckig-Macher“ den weiteren deutschen Designern der Nachkriegszeit.

Woher eigentlich kommen all die Exponate der Ausstellung?

Aus der privaten Sammlung von Gerd Siekmann. Er begann schon in den 1980er-Jahren, Colani zu sammeln und besitzt einen besonders umfangreichen Bestand an Papierarbeiten, darunter Entwurfsskizzen, Vorzeichnungen und Fotografien. Einige davon werden erstmalig hier in Waiblingen gezeigt. Darüber hinaus umfasst die Sammlung Objekte und Prototypen aus allen Bereichen. Das reicht von Gebrauchsgegenständen wie Möbel, Geschirr und technischen Geräten hin zum Colani-Auto, dem Colani GT.

Skizze des Egli-Colani-Motrrads aus dem Jahr 1985 | Foto: Colani Design GmbH

Und wie haben Sie die Exponate aus der Vielzahl ausgewählt?

Wir haben uns daran orientiert, welche Stücke singulär sind und von welchen Objekten zudem Vorzeichnungen existieren. Die Zeichnungen werden durch die Objekte nicht nur zum Leben erweckt, sondern sie zeigen auch, inwiefern sich Colanis Ideen der Realität, beispielsweise der Materialität beugen mussten.

 Was bleibt von Colani heute?

Seine Genialität und seine Visionen. Es ist ein umfangreiches Werk von ihm vorhanden, von dem viele Menschen fasziniert sind. Sie sind mit Colani aufgewachsen, bewundern ihn und ahmen ihn nach, auch Designkollegen. Im Bereich der Designforschung herrscht zu Colani aber eine große Lücke. Vieles, was sich Colani erdacht oder erarbeitet hat, ist bisher weder zusammengetragen noch wissenschaftlich aufgearbeitet. Dabei war er häufig seiner Zeit voraus, so entwarf er bereits 1971, vor der Ölkrise 1973, in seinem Manifest „YLEM“ ein elektrisch angetriebenes Stadtauto und kritisierte den Ressourcenverbrauch.

Legendär: der Colani-Stuhl aus den frühen 1970er-Jahren | Foto: Colani Design GmbH / Jürgen Haas

Viele seiner Ideen, etwa im Truckdesign, die er auf Messen vorstellte, wurden viel später in der Serienfertigung von den Herstellern übernommen, natürlich ohne Hinweis auf Colani. Dies ist nur den Zeitzeugen, die uns dies aufgrund ihrer jahrelangen Tätigkeit in der Industrie davon erzählten, also für Colanis Konkurrenz arbeiteten, präsent. Dieses Wissen von Sammlern und Weggefährten konnte man live im Rahmenprogramm erleben. Es sollte aber auch unbedingt aufgearbeitet werden, bevor es verloren geht. Vielleicht gibt die Ausstellung einen Anstoß dafür.

Gab es denn Rückmeldungen aus der Designbranche?

Sowohl die Ausstellung als auch das Rahmenprogramm, darunter ein wissenschaftlicher Vortrag von Hellen Westerhof, wird sehr gut angenommen. Zu den Besuchern zählen auch Designerinnen und Designer sowie Dozentinnen und Dozenten von Hochschulen, die gemeinsam mit ihren Studierenden die Ausstellung besuchen.  

Luigi Colani – Popstar des Designs

Bis 11. Februar 2024 in der Galerie Stihl Waiblingen
Di-So 11:00-18:00 / Do 11:00-20:00
www.galerie-stihl-waiblingen.de (Öffnet in neuem Fenster)

Künstliche Muskeln

https://youtu.be/T6mZNCvZQEo?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)

An der ETH Zürich haben Forschende einen neuen künstlichen Muskel entwickelt, der auf eigens entwickelten Aktuatoren basiert. So besteht die Struktur der Hülle aus einem Material, das große Mengen elektrischer Energie speichern kann. Die Muskeln arbeiten daher auch mit relativ geringen Spannungen, sind leichter, robuster und sicherer als die bisherigen Ansätze.

Vor allem die Konzeption von adaptiven Robotern, die sensitiver mit ihrer Umgebung interagieren können. 

Hier geht es zu den Details (Öffnet in neuem Fenster)

DIE WERKBANK

Neben prompd arbeite ich natürlich auch für andere Medien, auch hier geht es um Technologie-Themen, um Design, um visionäre Start-ups.

Hier geht es zur Übersicht (Öffnet in neuem Fenster) und hier noch zwei aktuelle Tipps:

Für das Magazin Brand eins 02/24 habe ich eine Reportage über Optocycle produziert. das Tübinger Start-up entwickelt ein KI-hinterlegtes System, das Bauschutt – der massenhaft anfällt – visuell klassifiziert und so die Recyclingpfade vereinfacht. Ein sehr spannendes Konzept, das bereits im Ausroll-Stadium ist.

www.brandeins.de (Öffnet in neuem Fenster)

 

Die VDI Nachrichten werden in ihrer am 9.2.24 erscheinenden Ausgabe das Thema angehen, wie sich denn die elektrische Fliegerei dereinst anhören wird. Sprich: Wird es leiser, wenn Volocopter und Co. über den Städten unterwegs ist? Darüber sprach ich nicht nur mit Volocopter, auch mit dem Institut für Flugzeugbau der Uni Stuttgart und dem DLR. Herausgekommen ist ein vierseitiger Schwerpunkt. Sehr spannend!

www.vdi-nachrichten.com (Öffnet in neuem Fenster)